Ethikrat fragt nach Verantwortung beim Klimawandel – „Wir müssen einfach jetzt sofort umsteuern“

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Der deutsche Ethikrat will in einer Expertenanhörung erkunden, wie ein gesellschaftlicher Dialog zu Gerechtigkeit und Verantwortung in Zeiten des Klimawandels gelingen kann. Protestaktionen und Aufklärung durch Berichterstattung sind dafür ein wichtiges Moment, sagt einer der Experten, die der Ethikrat eingeladen hat. Den Klimawandel als Aufgabe auf die Gesellschaft abzuschieben ist falsch. „Die Erderwärmung ist eine Bedrohung für die ganze Menschheit. Daraus erwächst eine persönliche Verantwortung für uns alle“, sagt der Tübinger Politikwissenschaftler Prof. Jörg Tremmel im Gespräch mit SWR2. Im Durchschnitt produziere jede(r) Deutsche 11 Tonnen CO-2 pro Jahr. Das Bundesumweltamt schreibe zum Einhalten des Klimaziels davon, diese Menge müsse auf 1 Tonne pro Person und Jahr reduziert werden. „Es ist auch Ihre Verantwortung, diesen Dreck wieder aufzuräumen“, sagt Tremmel. Die praktische Möglichkeit dazu gebe es seit mehreren Jahren, zum Beispiel indem man die Menge an Kohlendioxid, die bei einem privaten Urlaubsflug verursacht wird, durch Absaugen wieder in den Boden verpresst. Tremmel äußert sich in dem Gespräch positiv zu den Protesten junger Klimaschützer. „Fridays for Future war unglaublich wichtig – sie haben die Klimafrage in der Bundestagswahlkampf gebracht." Etwas differenziert sieht der Experte die Aktionen von „Letzte Generation“: „Ich finde dieses Festkleben uncool – aber ich finde die Kritik daran noch uncooler.“ Bei seiner Stellungnahme in der Veranstaltung des Ethikrats geht es Tremmel darum, die Dringlichkeit des Anliegens und dessen Legitimität zu verdeutlichen. Er glaubt: „Wir stehlen der nachrückenden Generation die Zukunft.“ Man solle sich nur vorstellen, dass eine Stadt wie Hamburg, die zwei Weltkriege überstanden habe, durch den Anstieg des Meeresspiegels verschwinden werde. Zu spät kämen die Erkenntnisse des Weltklimarats nicht: „Wir müssen einfach jetzt sofort umsteuern, dann haben wir die Möglichkeit das Schlimmste zu verhindern.“ Professor Jörg Tremmel unterrichtet Politische Theorie an der Universität Tübingen. Er hat zahlreiche Bücher zur Generationengerechtigkeit verfasst und sich unter anderem dafür ausgesprochen, die Gewaltenteilung im Staat zu ergänzen durch eine „Zukunftsinstanz“, weil der Mensch im Anthropozän die Lebensbedingungen künftiger Generationen stärker beeinflusst als je zuvor.

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